Urlaub auf zwei Rädern

Für die so arbeitswütigen Taiwanesen folgte diese Woche der Urlaub Schlag auf Schlag. Letzte Woche erst die gegrillten Feierlichkeiten zum Mid-Autumn Festival, dann diesen Donnerstag Sturmfrei Dank Typhoon Koinu und jetzt Samstag bis Dienstag Ferien zum Nationalen Feiertag. Aber eins nach dem anderen, in chronologischer Reihenfolge.

Am Anfang war also das Nix, und es explodierte. 13.8 Milliarden Jahre später war es letzte Woche Samstag Abend und ich fand mich mit meinem Supervisor und zwei weitere Laborgenossen auf drei Motorrollern wieder, bereit für eine wilde Fahrt durch die Nacht. Ziel war der 150 Kilometer Luftlinie südlich von Taichung gelegene Nationalpark Ali Shan. Shan übersetzt sich als “Berg” und tatsächlich wird man viele Gemeinden mit “Shan” also “Berg” im Namen in Taiwan finden, Taiwan ist schließlich das Land mit der höchsten Berg-Dichte weltweit. Nimm das, Nepal! Das Shan von Ali-shan heißt also Berg, wie übersetzt sich also Ali? Die Schriftzeichen selber haben keinerlei Bedeutung, außer ihre phonische, denn es handelt sich um die einchinesischte Version des Wortes “Alit” also “Ancestors” von den indigenen taiwanesischen Sprachen. Den Namen trägt die Region aber auch erst seit 1990, davor hieß sie WuFeng. WuFeng war ein chinesischer Händler der angeblich die taiwanesische Urbevölkerung vom Kannibalismus und der Kopfjagd angebracht hat, indem er sich selbst als letztes Opfer dar brachte… romantischer Blödsinn und eine von den Kolonialisten gern erzählte Geschichte um die zivilisierten Han-Chinesen über sie taiwanesische Urbevölker zu stellen. Zurecht also wurde der Name 1990 abgeschafft und die Urbevölkerung durfte wieder die Region bei ihrem eigentlichen Namen nennen. Knusprige Ente gut, alles gut!

Heutzutage ist Alishan für zwei Sachen bekannt, die Eisenbahn und den Sonnenaufgang und an beidem war ich sehr interessiert. Tatsächlich bin ich da nicht der einzige, und um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen fährt jeden Morgen zum Sonnenaufgang ein Sonderzug die Bergstrecke hoch. Der Spaß beginnt auf 30m über Normal-Null und endet auf 2300m. Es handelt um eine reine Adhäsionsbahn, kommt also völlig ohne Seile und Zahnräder aus und entsprechend ist die Streckenführung.

Um 10 Uhr Abends fuhren wir also in Taichung los und kamen pünktlich morgens um 4 an der Bahnstation für den ersten Zug an. Die Strecke hoch hab ich ehrlich gesagt verschlafen, aber es gab ja noch nicht so viel zu sehen, war ja noch dunkel.

Der Sonnenaufgang selber war…joa…ganz nett. Ich meine am Ende des Tages geht die Sonne jeden Tag am Anfang des Tages auf.

Die Zugfahrt zurück war aber wieder ganz toll! Wer Züge mag und Sonnenaufgänge mindestens okay findet, für den ist Alishan etwas!

Das eigentliche Ziel des Weges war aber der Weg, den der Weg war das Ziel! Taiwan hat dramatische Bergstraßen die auf Motorrollern gleich zwei Mal so viel Spaß machen. Und überhaupt, Taiwan abseits vom Schuss ist wunderbar idyllisch, verschlafen und ästhetisch.

Weiter im Text, der Typhoon Koinu trat in der Nacht zum Donnerstag auf Land und die Welt blickte nach Taiwan, nachdem eine Windböe mit 343 km/h gemessen wurde. Persönlich hab ich erst am Mittwoch mitbekommen, dass überhaupt ein Typhoon kommen soll und am Donnerstag als der Typhoon am wüten war…war eigentlich ziemlich schönes Wetter Taichung. Windig, klar, aber nicht mal genug um als steife Brise klassifiziert werden zu können. Trotzdem gab es für alle in Taichung sturmfrei. Das lag aber weniger am Sturm und viel mehr daran, dass bald Wahlen sind und die Politiker ihren Schäfchen was Gutes tun wollen. Auch der von Koinu hauptsächlich gebeutelte Süden Taiwans kehrte am Freitag wieder zum Otto-Normalbetrieb zurück. Typhoons gibt es jedes Jahr ein halbes Dutzend und die Infrastruktur ist darauf ausgelegt. Der Legende der drei kleinen Schweinchen folgend, haben die Taiwanesen ihre Häuser allesamt aus Stahlbeton erbaut, da tut sich nicht viel.

Für Sonnenuntergänge sind Typhoons aber immer toll, das folgende Bild ist nicht weiter bearbeitet und genau so aus der Herrentoilette in meiner Uni aufgenommen:

Warum war ich auf der Herrentoilette meiner Uni am Typhoon-Tag? Ich hatte zu viel zu tun, musste mich um meinen Krebs kümmern und sowieso, als Student hat man’s halt schwer.

So schwer tatsächlich, dass wir zur jetzigen Urlaubsperiode kommen! Der 10. Oktober ist in Taiwan Nationaler Feiertag. Was wird gefeiert? Die WuChang Revolution am 10. Oktober 1911 wird gefeiert, quasi noch bevor Taiwan Taiwan war. Die letzte Kaiserliche Dynastie Chinas, die Qing Dynasty welche seit 1644 bestand aber seit Beginn des 19. Jhd. von internen Krisen und den destruktiven, englischen Einflüssen zerfressen würde nahm 1912 mit der Entführung des letzten Kaisers PuYi ihr Ende. Es folgte die Republik China, welche nun als Taiwan fortbesteht. Die WuChang Revolution war zwar für sich erstmal Recht klein, aber markierte praktisch den Anfang des Endes. Der Nationale Feiertag wird mit großem Feuerwerk begangen aber ansonsten ist er ähnlich unspektakulär wie der Tag der deutschen Einheit.

Als Schlussgedanken will ich noch anmerken, dass es doch merkwürdig ist, wie oft der Nationale Feiertag auf das Ende der Monarchie fällt. Es sagt zumindest sehr viel über die Monarchie als Regierungsform aus…In Großbritannien ist der 23. April der Nationale Feiertag, der Namenstag des Schutzpatrons Englands. Folgen wir aber nun den zuvor diskutierten historischen Trends, so stellt sich die Frage, wie lange der 23. April noch Nationalfeiertag bleiben wird.

Im übrigen sind die Wahlergebnis in Bayern KATASTROPHAL und ungefähr 70.4% der Wählerschaft sollte sich was schämen.

Damit euch eine schöne Woche, Cheers!

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