Crazy Christian Pizza Party

Fangen wir zur Abwechslung Mal kontrovers an. Ich weiß, dass ich gegebenenfalls eine Menge Leute auf den Schlips treten werde, aber wer seine Krawatte so tief trägt, der soll sich nicht wundern, wenn Leute darauf treten. Taiwan ist ein Land vieler Religionen, welche auch durchaus friedlich miteinander koexistieren können. Das ist unteranderem so, weil es Teil der Taiwanesischen Kultur ist, sich um seinen eigenen Scheiß zu kümmern. Bestes Beispiel hierfür? Homosexualität ist bereits seit 1895 legal ist. Die verbreitetste Religion in Taiwan ist der Buddhismus, gefolgt vom Taoismus, Atheismus und schließlich mit 4% auf Platz 4 das Christentum. Mit Ausnahme einiger weniger rein buddhistischer Tempel, vereinigen sogar viele der aktiven Gebetsstätten Buddhismus, Taoismus und traditionelle taiwanesische Volksglauben. Eine gemeinsame Gebetsstadt von Christen, Juden und Muslimen müssen wir uns ja nichtmal vorstellen, Jerusalem existiert, aber allgemein könnte man sagen, dass das nicht grade toll läuft.

Aber bleiben wir Mal beim Christentum, denn während die Zahl der Gläubigen in der westlichen Hemisphäre stetig fällt, nimmt es in Japan, Taiwan und Korea so richtig fahrt auf. Die Gründe dafür sind mannigfaltig, teilweise zwielichtig und auch der Seelenlosigkeit des Hyperkapitalismus geschuldet. Vielleicht schreib ich eines Tages ein eigenes Spezial darüber, ein Richard Dawkins bin aber auch ich nicht.

Christen haben diese merkwürdige Angewohnheit des Missionierens und darüber sollten wir reden. Es gibt ganz viele christliche, humanitäre Missionen und das ist auch eine fantastische Sache und ich will das auch überhaupt nicht schlecht reden. Mein Respekt an alle, die sich für einen solchen humanitären, guten Zweck engagieren!

Jedoch, je weniger Fokus auf dem humanitären liegt und je mehr das “christlich” gefelxt wird, desto mehr wird das Missionieren in seiner Reinform nichts anderes, als ein von religösen Übereifer getriebener Kulturimperialismus. Und das ist problematisch, respektlos und ehrlich gesagt einfach Kacke.

Ein tolles Beispiel dafür, wie sich an sich nette Leute in ihrem religiösen White-Saviour-Komplex ziemlich mies und shady verhalten können, durfte ich diese Woche miterleben. Alles fing an mit einem Brettspiel Nachmittag an der Uni. Eine Gruppe Amerikanischer Schüler auf einem “Kulturaustausch” sei derzeit in Taichung, über irgendwelche Connections kennt man sich an der Universität wohl und es sei eine tolle Gelegenheit für die taiwanesischen Studenten, einen regen Austausch mit echten, wirklichen Amerikanern zu haben. Soweit ja erstmal so gut. Der Brettspielnachmittag war heiter und gesellig, die meisten Amerikaner sind ja fantastisch im Smalltalk, aber es stellte sich an dem Zeitpunkt in den Gesprächen bereits raus, man komme nicht von einer gemeinsamen Schule, sondern von einer gemeinsamen Kirche. Das ist ja auch erstmal okay.

Das nächste Event war ein abendlicher Vortrag eines recht bekannten Neurologen, der mit der Gruppe affiliations hatte. Titel des Vortrags war “Die 3 zentralen Fragen zum Erfolg”. Viel mehr als der Titel und der Sprecher war nicht bekannt, aber allgemein hört sich das ja nicht schlecht an, ein bisschen wie ein Ted-Talk. Und selbst wenn ein Motivational Coach schlecht ist, dann hat man am nächsten Tag immernoch was, um gemeinsam darüber zu lästern. Viele der internationalen und taiwanesischen Studenten kamen auch zu dieser Abendveranstaltung, und natürlich auch die Gruppe Amerikaner. Der Motivationsvortrag selber war…10 Minuten lang und uninspiriert. Aber dann kamen die 3 zentralen Fragen: Woher bekommt ihr euer Selbstwertgefühl, Was ist euer Ziel im Leben und Wer ist Jesus Christus für euch, diskutiert in Kleingruppen. Ahhhhhhhh, also da ist das Häufchen, daher weht der Wind! Und rein Zufällig befand sich in jeder Kleingruppe auch mindestens einer der amerikanischen “Kulturaustauschler”. Und so ein Zufall, die Antwort auf Selbstwertgefühl und Lebensziel und wer ist Jesus Christus war für diese Leute…Jesus Christus! Bing Bing Bing, 10 Gummipunkte! In aller Fairness, jeder durfte in den Kleingruppen seine eigene Meinung äußern und jeder durfte ausreden. Allerdings gab es anschließend nochmal eine 20 Minuten Q&A Runde und die war einfach nur eine Farce. Da stellt sich dann der Youth Pastor vorne hin und beantwortet überhaupt nicht vorher einstudierte Fragen über Jesus und warum er die Antwort auf das Leben, das Universum und Alles ist.

Ich meine, komm schon, das ist doch wirklich beschissen. Da stellt sich dieser Kasper vorne hin, in einem Raum voller Muslime, Taoisten, Buddhisten und Atheisten, welche unter falschem Vorwand in diesen Raum gelockt worden waren, und erzählt allen, warum ihre Religion falsch ist. Wie unglaublich scham- und respektlos bitteschön? Am nächsten Tag gab es am Campus einiges an Diskussionen, viele der Taiwanesischen Studenten waren einfach nur verwirrt und viele der anderen Religionsangehörigen fühlten sich verarscht und beleidigt. Es geht halt auch einfach nicht. Darauf angesprochen meinte man nur “Wem es nicht gefällt, der hätte ja auch gehen können.” Bullshit…

Die letzte “Kulturelle Austausch Veranstaltung” war eine Pizza Party außerhalb der Universität und in den Räumlichkeiten des…lokalen Ablegers der Kirche in Taichung! In meinem Unglauben bin ich ja recht standfest, Pizza mag ich sowieso und die Amerikaner waren am Ende ja auch nette Leute, so ist es jetzt nicht. Sobald man gemerkt hat, dass es bei mir Nichts zu holen gab, liefen auch alle Gespräche in sekularisierteren Bahnen und es war nett…AAAAAABER stellt euch jetzt Mal vor, man wäre sich seiner Rolle im Leben unsicher, auf der Suche nach Antworten, etc. Schritt 1: die Amerikaner knüpfen Kontakt aka Brettspielabend. Schritt 2: Jesus ist die Antwort auf alles, Kinder aka Motivational Coach Talk und Schritt 3: Man bekommt ein Fuß in die Tür, indem man die Leute bereits zu sich in die Kirche bekommt aka Pizza Party. Und das lief nicht nur bei uns an der Uni so ab, manche der Amerikaner waren zeitgleich mit ähnlichen Events an den anderen Unis in Taichung unterwegs und bei der Pizza Party sah ich nicht wenige junge Taiwanesen die mit einer kostenlosen Bibel versorgt wurden.

Da reisen diese Hobby-Missionare nach Taiwan und locken Leute in Sinneskrisen mit zwielichtigen Methoden in ihre Kirche. Das ist doch ein Verhalten, dass man von Scientology so erwarten würde, oder? Wenn sich die Kirche versucht in ihrem Platz in der modernen Gesellschaft von den ganzen anderen Sekten zu unterscheiden, da hilft das dann nicht, wenn man am Ende die selben manipulativen Taktiken benutzt und auf die selben “Opfer” prayed und preyed.

Das schlimmste ist ja, dass diese Leute auch noch glauben, das Richtige zu tun und der Zweck heiligt die Mittel und was nicht. Ich krieg da das große Kotzen. Diese Amerikaner haben jetzt pro Nase vielleicht 2500USD verschwendet, um eine Menge Leute ungefragt ans Bein zu pissen. Für die etwa 30 Leute, wär das also 75k USD und dafür ließe sich so einiges an humanitärer Hilfe leisten…

Die Geschichte von Taiwan hat einiges an Missionaren gesehen, zunächst dank der Niederländer im 17. Jhd, welche aber, nachdem sie von der Qing Dynasty wieder aus Taiwan vertrieben wurden, keine bleibenden Spuren hinterlassen hatten. Erst mit der Ankunft der Spanier und Portugiesen im 19. Jhd ging es wieder los, aber erst seit der engen Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten konnte das Christentum in Taiwan so richtig Fuß fassen. Viele der taiwanesischen Staatschefs waren christlich, was unteranderem damit zusammen hängt, dass man den Amerikanern gefallen wollte. Fährt man in die Berge von Taiwan, kommt man Recht schnell zu den Dörfern der Ureinwohnern, und in jedem einzelnen Dorf, und sei es noch so klein, steht mindestens eine Kapelle. Schelm wer da Böses denkt…

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