Teurer Luxus

Liebe Gemeinde,

Lasset uns sprechen über Gott. Welchen Gott? Unseren Gott, der Kapitalismus, jenes heilige Gespenst das du umgeht in Europa und mit Europa meine ich die ganze Welt. Wir leben in der Neokapitalistischen Endzeit. Nicht der Geiz ist geil sondern Geld, der junge Zeitgeist ist zwanghaft hedonistisch.

Luxus ist teuer und Generation Z zahlt den Preis. Heute wollen wir über die paranormale, parasoziale und parasitäre Rolle von Luxusmarken in Nord-Südostasien (China, Japan und Korea) sprechen, sowie die Auswirkungen dieses krankhaften Konsums auf die jüngste Generation diskutieren. Seid gewarnt, denn auch in Deutschland zeigen sich die Zeichen der Zeit. Völker, hört die Signale…

Verlassen wir also für heute Taiwan Richtung Osten und erreichen das knapp 42.000 Kilometer entfernte China.

Wer mich persönlich kennt, weiß, dass mein Fashion Style mangelhaft und meine Markenwahl nicht nur basic, sondern Amazon Basic ist. Schlabber-Shirt und Jogginghose waren Standard für den männlichen Teil der Oberstufe eines mittelmäßigen Mittelschichtsgymnasium. Eine Oberprima bedarf Oberprimaten. In China allerdings wäre ich damit nicht durchgekommen. Jeder trägt Markenkleidung, wir reden Gucci, Prada, Hugo Boss, Hermes hier. Diese hässliche braune Louis Vuitton Tragetasche hat den Spitzname “Die 3 Sekunden Tasche” weil man im Alltag gefühlt alle 3 Sekunden eine Person mit dieser Tasche sieht. Das Pretty Privileg ist stark und der Lookismus ist noch stärker. Aber man muss nicht nur hübsch aussehen, man muss auch reich aussehen. Und reich Aussehen reicht, man muss nichtmal reich sein. Tatsächlich stürzt sich Chinas Generation Z zunehmend in Schulden, um sich teuren Schnickschnack zu leisten. Bis 2030 werden etwa 40% aller Luxusartikel in China gekauft und da zählen nur die Originalen rein. Es wurde kürzlich sogar ein neues Gesetz erlassen, um die Überschuldung für Luxusware der jungen Generation einzugrenzen. Woher kommt also dieser konkursierende Konsumdrang? Ich fang mal am Anfang an.

Zwischen Osten und Westen haben wir einen zu Grunde liegenden Unterschied im Werteverständnis, die Dualität zwischen sozial unabhängiges und sozial abhängiges Selbstbild.

In Deutschland verändert man aktiv das eigene Selbstbild in einer Art und Weise, die wir für richtig halten und sei es durch den Kauf einer Luxusuhr. Da gönnt man sich halt was. Das Selbstbild ist hauptsächlich davon geprägt, was man selber über sich selbst denkt. Man ist, wer man sein will und die eigenen Erfolge und Missgeschicke gehörem einen selbst. Das Selbstbild ist relativ (aber natürlich nicht absolut) unabhängig.

In C, K & J allerdings ist das eigene Selbstbildnis viel mehr sozial abhängig, also stärker beeinflusst, davon was andere über einen denken. Mit dem Kauf dieser Uhr verändert man das eigene Bild gegenüber Familie, Freunde und Kollegen, und gleichzeitig beeinflusst aber auch der Nicht-Besitz einer Luxusuhr dieses Bild. Alles was man macht ist entweder “gaining face”, also Respekt von anderen hinzugewinnen, oder “losing face”, also Respekt verlieren. Zusätzlich ist auch das eigene soziale Umfeld ein Teil davon, wie man von Außenstehenden gesehen wird. Man muss also für das eigene Umfeld hübsch sein, um für sie als hübsch zu wirken und das soziale Umfeld muss für einen selber hübsch sein. Meine Entscheidungen beeinflussen im Rückschluss also auch, wie Andere in mein soziales Umfeld von Außenstehenden gesehen werden. Man ist weniger seine eigene Person, sondern ein Teil des Gefüges. Als Beispiel ist man weniger Maximilian Mustermann sondern mehr Vater des kleinen Maxi Jr. Wenn man dann sein Kind von der Schule abholt und keine Luxusuhr hat, alle anderen Eltern aber schon, das ist das nicht nur für einen selber peinlich, sonder auch für sein Kind. Die anderen Eltern kriegen das natürlich mit und Maxi Jr. wird dann nicht von den anderen Kindern sondern indirekt von den anderen Eltern ausgestoßen. Man will ja nicht, dass das eigene Balg mit so einem Schmuddel assoziiert wird, denn dann sehen andere das eigene Kind als schmuddelig an. Es geht also deutlich über den klassischen Gruppenzwang hinaus.

Diese Konzepte des sozial unabhängigen und sozial abhängigen Selbst beeinflussen am Ende unser Kaufverhalten.

Der Wert eines Gegenstands ergibt sich aus seinem Nutzwert, seinem symbolischen Wert, seinem emotionalen und seinem Vergnügungswert. In diesem Kontext ist ein farbloser Jutebeutel die Tragetasche mit dem größten Nutzwert, ein bunter Jutebeutel in unserer Lieblingsfarbe die Tragetasche mit dem größten Vergnügungswert, die gehäckelte Tasche der Oma hat den größten emotionalen Wert und die Hermes Handtasche jene mit dem größten symbolischen Wert. In Kulturen mit sozial unabhängigen Selbstbild tendiert man deutlich mehr zum Kauf des Beutels in der Lieblingsfarbe, bzw. nimmt man den Beutel von der Oma, denn man profitiert selber am meisten davon, während bei einem sozial abhängigen Weltbild die Hermes Tasche bevorzugt wird, selbst wenn man die Farbe nicht mag. Der symbolische Wert ist hier wichtiger als das eigene Vergnügen und vor allem Luxusmarken geben Unsummen dafür aus, ihren Produkten öffentlichen, symbolischen Wert zu geben. Jeder weiß, Mercedes ist teuer und Mercedes-Fahrer sind also reich und erfolgreich und großer Penis.

Als mündige Erwachsene mit einem sozial unabhängigen Weltbild ist es einfach sich über Mercedes-Fahrer lustig zu machen, dafür dass sie versuchen eine imaginäre soziale Hierarchie aufzubauen, die den meisten Leuten schnurzpiepe ist. In Kulturen mit sozial abhängigen Weltbild, existiert eine soziale Hierarchie deutlich mehr in den Köpfen der Leute, als spätes Erbe des Konfuzismus. Während also ein Luxusgegenstand ist in sozial unabhängigen Kulturen ein Differenzierungsmerkmal, ein Teil des Individualismus ist, so ist er in sozial abhängigen Kreisen allerdings mehr sozialen Zwang den neuen Standard der sozialen Einheit zu erfüllen, um nicht in der sozialen Hierarchie zurück zu fallen.

In C, K & J haben Luxusmarken durch diese sozio-kulturelle Gesamtsituation einen idealen Nährboden gefunden. Zusätzlich hat man auch eine neue Zielgruppe gefunden.

Früher haben sich Luxusmarken auf Leute in ihren mittleren Jahren konzentriert, denn die haben das Geld. Doch dann hat man festgestellt, dass Jugendliche noch viel konsumgeiler sind, da der Gruppenzwang in dem Alter noch viel härter ballert und das Gehirn noch nicht voll entwickelt ist und blablabla. Zwar hat man als Jugendlicher kein Geld, aber die Eltern haben das im besten Fall ja, also kein Problem.

Und so beginnt der Konsumismus von klein auf, mit Pop-Idols als Marken-Embassadors und sozialen Medien als Öl im Feuer und wir befinden uns in einer Gesellschaft mit Kapitalismus im Endstadium.

Denn natürlich hat nicht jeder das Geld, um sich mehrere 1000+$ Luxussachen zu kaufen. Was macht man also, um nicht in der sozialen Hierarchie zurück zu fallen? Schulden. Man macht Schulden und zwar nicht zu knapp. Und dann sehen alle um einen rum, dass man sich was Teures gekauft hat und nehmen dann selber Schulden auf, um ebenfalls nicht ausgeschlossen zu werden. Ihr seht, wie der Hase läuft. Viele, sehr viele der Generation Z haben Schulden und werden diese auch nicht in absehbarer Zeit abbezahlen, vorallem wenn jedes Jahr was neues Chique ist. Aber Schulden sind okay, denn die sieht man nicht nach außen. Das Face bleibt gewart.

Und die Luxusmarken sind natürlich voll dabei! Es ist nicht untypisch, dass Gucci-Verkaufsleute zu einem ins Büro kommen und wenn sich dann ein Kollege irgendwas mit großem Tamtam kauft, dann ist natürlich die Jacke am dampfen.

Das ist jetzt C, K & J, aber was ist mit Deutschland? Nun, bei uns fängt der ganze Blödsinn auch schon an, aber aus etwas anderen Gründen. Zwar ist das eigene Selbstbild sozial unabhängiger, aber natürlich nicht völlig gefeit vor Druck von außen. Ein anderer Aspekt ist der völlig gsfickte Immobilienmarkt. Danke Merkel. Meiner Generation ist klar geworden, dass sie niemals ein Haus besitzen wird, wenn sie nicht grade eines erben. Und wenn man nun nicht mehr auf sowas wie ein Haus zu sparen braucht weil es ja eh sinnlos ist, dann kann man auch mehr Geld für Luxusschnick ausgeben.

Der Kapitalismus hat gewonnen. Hier, dort, überall, egal wo. Es ist so scheiße.

One thought on “Teurer Luxus

  1. Die Marktwirtschaft ist trotz aller ihrer Fehler um Welten besser als Sozialismus. Es braucht dazu keinen neuen Grossversuch.

    Kredite sind in der Regel nur dazu da, über seine Verhältnisse zu leben. Dies gilt sowohl für Staaten als auch für Individuen. Würden wir Politikern per Verfassung Schulden verbieten und gesetzliche Grundlagen für das Verbot von Konsumkrediten, Autoleasing und ähnlichem Unsinn schaffen, könnte viel Leid vermieden werden. Verglichen mit der überbordenden Bürokratie wäre dies ein vertretbare Einschränkung.

    Like

Leave a comment