Erdbeben Update

Hallöchen zusammen. Letzte Woche wurde Taiwan zum SPIELBALL DER NATURGEWALTEN und die Erde hat ein klein bisschen gewackelt, hier habt vielleicht in den Nachrichten davon gehört. Tatsächlich hat es mich sogar ein bisschen überrascht, dass das 2024 Hualien Erdbeben solche Wellen geschlagen hat. Also, eins nach dem anderen, hier ist mein Erlebnisbericht des stärksten Erdbebens in Taiwan seit 25 Jahren.

Letzter Mittwoch, 7:56 Uhr in der früh, ich gehe meinen studentischen Pflichten nach und schlummer friedlich. Der Ventilator sorgt für gray noise und die nötige Luftumwälzung für die nunmehr frühlingshaften 27 Grad in der frühe. 7:57 Uhr, kleine Sprechblasen mit Zzz steigen von meinem morgenatmelichen Mund auf während ich friedlich das Kissen einsabber, die Welt ist friedlich, das Leben ist schön.

7:58 Uhr (und 11 Sekunden) MEEEEEEEEEEEP. Ein schriller Warnton erklingt aus zwei Handys gleichzeitig. Die Welt ist nicht mehr friedlich, ich bin gegen meinen Willen wach geworden. Schlaftrunken identifiziere ich die Quelle jenes unsäglichen Geräusches, ich drehe das Handy um und sehe die oben stehende Nachricht. Meine Freundin, ebenso groggy, fragt was los sei, ob ich mein Weckeralarm umgestellt hätte.

Dann fing alles an zu rütteln. Zunächst erst schwach aber deutlich spürbar und meine Freundin und ich saßen noch etwas perplex auf dem Bett, doch dann wurde das rütteln stärker und wurde von einem ganz tiefen grollen begleitet. An diesem Zeitpunkt begaben wir uns sicherheitshalber unter den Schreibtisch. Die Stärke des Rüttelns entsprach vom Gefühl her einem Flugzeug in leichten Turbulenzen. Man wurde jetzt nicht durch die Gegend geworfen, man würde sich aber trotzdem an den Sitzen festhalten, wenn man den Gang runter zur Toilette geht. Was es gruselig gemacht hat war eben die Tatsache dass sich das ganze Haus bewegt hat und Häuser sowas normalerweise nicht machen.

So schnell wie es gekommen ist, war es auch wieder vorbei. Und dann ging natürlich das rumgooglen los. Das Hauptbeben war mit einer Stärke von 7.2-7.5 bezeichnet von dem 6.2-6.5 in Taichung ankamen. Das Epizentrum lag nahe der Ostküste Taiwans, auf Höhe der Stadt Hualien, also knapp 95 Kilometer Luftlinie von Taichung entfernt. Entsprechend gab das automatische Erdbebenwarn-System knapp 10 Sekunden Vorlaufzeit. Erdbeben sind in Taiwan keine Seltenheit, alleine in den letzten 15 Monaten habe ich 3 spürbare Erdbeben mitbekommen, keines aber über einer 4.5. Nun ist die Erdbebenskala Logarithmisch, entsprechend ist ein 6.5 Beben 100x stärker als ein 4.5.

Und dann? Naja, in Taichung ging der Alltag weiter wie sonst, ich ging zur Vorlesung, Leute kauften auf dem Markt ein, man erholte sich recht schnell. Den Tag über waren immer mal wieder leichte Nachbeben zu spüren aber nix was einen Sack Reis umfallen lassen würde. Ganz spurlos war das Erdbeben nicht vorbei gegangen, im Labor waren ein paar Sachen umgefallen und mein Aquarium war übergeschwappt.

Goldfische im Labor? Ist das nicht… verboten? Jein, aber im taiwanesischen Volksglaube bringen Fische Erfolg und jeder möchte seine Experimente voranbringen. Manchmal bringen die Leute Kekse und ähnliches zu meinen Fischen als Opfergabe für good luck.

Zurück zum Erdbeben, die Ostküste von Taiwan wart am härtesten getroffen und Bilder von diesem Haus gingen durch die Medien:

Der aufmerksame Beobachter wird aber gemerkt haben, dass eigentlich auch nur dieses Haus als Sau durch das Dorf getrieben wurde, ganz einfach weil enttäuschender Weise (aus Sicht der Medien) nicht großartig mehr Häuser beschäftigt wurden. Tatsächlich kamen deutlich mehr Tote und Verletzte durch Lawinen als durch einstürzende Häuser. Womit wir beim eigentlichen Problem Taiwans wären. Erdbeben sind nichts seltenes, auch ziehen jährlich diverse Typhoons durch und (fast) alle Häuser sind entsprechend sturdy gebaut, Taiwan selber allerdings ist sehr viel bröckliger.

Eine Hauptattraktion Taiwans, der Taroko Nationalpark, wurde vom Erdbeben besonders schwer getroffen und laut vorsichtigen Prognosen wird es mindestens ein Jahr dauern, bis er wieder voll zugänglich sei. Als verdammter Glückspilz der ich halt nun mal bin, war ich erst am Wochenende vor dem Erdbeben dort und kann euch diese beiden Vorher-Nachher-Bilder liefern:

Das Bild ist genau von der anderen Seite aus geschossen worden. Wenn es euch interessiert, hier ist der Erfahrungsbericht der Person die durch das Beben im Tunnel fest saß: https://www.reddit.com/r/taiwan/s/OC9oS5oIM6

Ganz unabhängig vom Erdbeben war der Taroko Nationalpark echt geil und hier sind ein paar Bilder zum Angeben (vor allem weil fürs nächste Jahr keiner solche Aufnahmen bekommt hehe)

Als eine weitere Kuriosität, die das Erdbeben offenbarte:

Die Taiwanesen nennen es “The Ancient Japanese Ancestor Ghost Protection”. An vielen Orten findet man zwei Brücken nebeneinander, eine neue aus der Neu-Zeit und eine alte, meistens aus der Japanischen Besatzungsperiode.

Und diese Japanischen Brücken sind berüchtigt für ihre Standhaftigkeit. Bei Fluten, Typhoons, Erdbeben und Weltuntergang bricht die neue Brücke ein und die mehr als 100 Jahre alte Brücke bleibt stehen, eben wegen der Ghost Protection.

Und weil wir schon bei Geistergeschichten sind, das Tomb Sweeping Festival letzte Woche hat in Taiwan einen interessanten Generationenkonflikt entfacht.

Während des Festivals bringt man Speisen und Getränke um seine Ancestors zu ehren. Prinzip ist, dass man den Ancestors ein tolles Essen kredenzt und nach dem man den Geistern der Ahnen genug Gelegenheit gegeben hat sich satt zu essen, dann darf man selber die Reste essen.

Nach dem diesjährigen Tomb-Sweeping Festival gab es im Netz hitzige Diskussionen von enttäuschten Pre-Senioren, die ihre inzwischen erwachsenen Kinder in Charge des Geister-Buffets gesetzt hatten und anstatt der traditionellen Speisen haben die Gen-Zs nur Sachen gekauft, die sie selber Essen wollen. Es ginge ja nicht an, dass den Geistern der Ahnen Chickennuggets, Bubbletea und ne Packung Chips gebracht würde. Die Gen Zs konterten, dass sie in ihr Testament schreiben würden, dass ihre Verwandten ihnen nach dem Ableben genau das bringen sollten und nichts anderes.

Genug für heute. Ich weiss dass es lange keinen Blog mehr gab, aber die Uni hält mich auf Trapp. So lebt es sich also als Busy Adult with Busy adult life… yikes.

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